Flugrettung
«Schnellstmögliche Hilfe gewährleisten»
In der Deutschschweiz läuft die Flugrettungskoordination nicht ganz so reibungslos wie im Wallis, wo Air Zermatt und Air Glaciers zeigen, dass Mitbewerber problemlos aneinander vorbeikommen.
Seit Anfang Februar darf der TCS im Kanton Aargau Rettungsflüge durchführen. Die Rega, die im Aargau keine Basis betreibt, will das nicht kampflos hinnehmen. Sie wirft der Konkurrenz mangelnde Qualität vor. Die dafür nötigen Bewilligungen aber hat die 2011 gegründete Firma von allen zuständigen Behörden erhalten.
Das Aargauer Gesundheitsdepartement, das beim TCS-Heli alle Auflagen erfüllt sieht, hat bestimmt, dass die Einsatzzentrale jeweils den Heli – ob von TCS oder Rega – aufbietet, der am nächsten am Unfallgeschehen liegt, schreibt die «Schweiz am Sonntag».
Problemlose Zusammenarbeit
Dass Mitbewerber in der Flugrettung problemlos aneinander vorbeikommen und sich bei Bedarf ergänzen, zeigt das Beispiel Wallis. Air Zermatt und Air Glaciers arbeiten seit Jahrzehnten zusammen – mit Erfolg, wie Bruno Bagnoud, Direktor und Gründer Air Glaciers, gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet sagt. «Wir sehen einander überhaupt nicht als Konkurrenten und haben keine Probleme miteinander. Es gibt einen regelmässigen Austausch zwischen uns, etwa wie wir uns technisch verbessern können.»
Die Koordination von Rettungsflügen regelt im Wallis ein schweizweit einzigartiges Gesetz: Notrufe kommen in eine kantonsweite Zentrale, die denjenigen Rettungsdienst aufbietet, der schneller beim Patienten ankommt. Die Einsätze koordiniert die Notrufzentrale in Siders. Leiter Diego Lareida sagt gegenüber «Schweiz am Sonntag»: «Unsere Aufgabe ist es, die schnellstmögliche Hilfe zu gewährleisten und an zweiter Stelle berücksichtigen wir die Gebietsaufteilung der Luftrettungsanbieter.»
Aufteilung nach Sprachregionen
Im Wallis haben sich Air Zermatt und Air Glaciers das Gebiet nach Sprachregionen aufgeteilt. «Liegt der Unfallort im Oberwallis, fliegt normalerweise Air Zermatt, und im Unterwallis Air Glaciers», erklärt Bagnoud gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet. «Wenn einer der beiden Flugrettungsdienste keine Kapazität hat, hilft der andere jeweils aus.» Sollten beide nicht verfügbar sein, würde man laut dem Air-Glaciers-Chef den nächsten Rega-Helikopter oder sogar das Militär aufbieten. Die Zusammenarbeit mit Air Zermatt funktioniere bestens.
Rettungshelis der beiden Unternehmen stehen aber nicht nur im Wallis im Einsatz. Es gebe zwischen Rega und Air Zermatt Berührungspunkte in den Berner Alpen und im Furkagebiet, erklärt Gerold Biner, CEO von Air Zermatt, gegenüber Tagesanzeiger.ch/newsnet. «Wenn der Rega-Heli näher ist, wird dieser aufgeboten. Ebenso kommen Rega-Helis bei grossen Einsätzen ins Wallis, respektive Walliser Helis ins Berner Oberland – so zum Beispiel beim Carunfall von Siders oder beim Lawinenunglück auf der Engstligenalp.»
Grundsätzlich werde die Maschine aufgeboten, die am schnellsten beim Patienten sei, so Biner. «In der Regel ist es sinnvoll, den Heli aus dem Einsatzgebiet einzusetzen. Denn der Rettungsflug endet normalerweise in einem Spital dieser Region, womit der Heli dann auch schneller wieder einsetzbar ist», hält Biner fest.
Handlungsbedarf im Berner Oberland
Nicht optimal verläuft die Rettungskoordination im Berner Oberland, wo Air Glaciers über zwei Stationen in Lauterbrunnen und Saanen verfügt. In dieser Region gestalte sich die Koordination der Rettungsflüge weniger gut, wie Air-Glacier-Chef Bagnoud ausführt. Dort kann die Sanitätsnotrufzentrale des Kantons Bern nur die Rettungseinsätze der Ambulanzen koordinieren, nicht aber der Luftrettung. Dafür ist die Rega in Zürich zuständig. «Es kam wiederholt vor, dass diese ihre eigenen Helikopter aufbot, auch wenn sehr nahe am Unfallort, welche von uns verfügbar waren», sagt Bagnoud. Es müsse zum Wohl der Patienten etwas passieren.
Auch bei der Rega räumt man ein, dass die Situation mit Air Glaciers im Berner Oberland eine Insellösung ist, die «in Folge unterschiedlicher Standards unbefriedigend ist und immer wieder zu Diskussionen Anlass gibt». Gleichzeitig aber wird betont, dass die Rega jährlich rund 150-mal Air-Glaciers für Rettungsflüge aufbiete.
Motion im Berner Grossen Rat
Im April 2012 wurde im Berner Grossen Rat eine Motion eingereicht, in der gleich lange Spiesse für die beiden Flugrettungsgesellschaften Rega und Air Glaciers im Berner Oberland gefordert werden. Im Januar 2013 stimmte das Kantonsparlament der Motion zu mit 92 zu 42 Stimmen. Nun ist es an der Berner Regierung für eine geeignete Lösung zum Wohl der Patienten zu sorgen.
Artikel
Kommentare
Noch kein Kommentar