Trotz 28 toter Schafe
Wolf M35: Vorerst keine Abschussbewilligung
Es bleibt dabei: der Wolf im Goms wird vorerst nicht zum Abschuss freigegeben. Hauptgrund ist der ungenügende Herdenschutz der Schäfer im Goms. Der Kanton fordert mehr Mittel für Herdenschutz
In Münster und Obergesteln hat Wolf M35 in den vergangenen Wochen insgesamt 28 Schafe getötet und weitere verletzt. Der Ruf nach einem Abschuss wurde deshalb in den letzten Wochen immer grösser. Die kantonalen Stellen von Bund und Kanton legten am Freitag nach tagelangen Schweigen ihre Einschätzung der Dinge auf Tisch.
Wie der Kanton Wallis in einer Mitteilung schreibt, verfüge das zuständige Departement Melly seit letztem Mittwoch über sämtliche entscheidrelevanten Unterlagen und Berichte zu den Vorfällen im Goms. Das Kriterium der Anzahl gerissenen Nutztiere sei klar erfüllt. Hingegen entsprachen die ergriffenen Präventionsmassnahmen nur teilweise den von der Landwirtschaft abgegebenen Empfehlungen. Demzufolge waren diese teilweise nicht geeignet, vor Wolfsübergriffen zu schützen. Dehalb könne die Mehrzahl der gerissenen Nutztiere für die Erteilung einer Abschussbewilligung nicht berücksichtigt werden. Aufgrund dieser Ausgangslage könne das Departement zum jetzigen Zeitpunkt keine Abschussbewilligung erteilen.
Keine Anwendung der Ausnahmebestimmung
Der Kanton Wallis hat aufgrund dieser Faktenlage versucht, die im Wolfskonzept vorgesehene Ausnahmebestimmung zur Anwendung zu bringen. Diese würde es erlauben, von den im Konzept festgelegten Kriterien abzuweichen. Jedoch kann diese Ausnahmebestimmung nur in Absprache mit der Bundesbehörde zur Anwendung gelangen.
Der Kanton machte primär folgende Argumente für die Anwendung dieser Klausel geltend: bisheriges Verhalten des Wolfes; bisher keine Schäden in den betroffenen Frühjahrsweiden; Konzentration des Kantons und der Nutztierhalter auf die Alpbewirtschaftung durch eine Ausarbeitung eines Schaf-Alpplans in Zusammenarbeit mit dem Bund; konstruktive Mitarbeit der Nutztierhalter; der überwiegende Teil der Gommer Alpen ist gemäss provisorisch vorliegendem Alpplan momentan nicht schützbar und damit liegt ein grosses Schadenspotenzial für die kommende Sömmerung vor; die im Goms schützbaren Alpen werden mit den zumutbaren Herdenschutzmassnahmen geschützt.
Diese Argumente seien von der Bundesbehörde für die Anwendung der Ausnahmeklausel als nicht genügend akzeptiert worden. Das Departement habe deshalb vorläufig auf die Anwendung der Ausnahmeklausel verzichtet.
Wallis fordert mehr Mittel von Bern
Der Staatsrat des Kantons Wallis will nun bei Bundesrätin Leuthard mehr finanzielle Mittel und Kompetenzen für Herdenschutz und beim Grossraubtiermanagemet einfordern. Unter anderem soll der Kanton die Kompetenz für die Festlegung der in den verschiedenen Regionen möglichen und zumutbaren Schutzmassnahmen erhalten. Zudem wird eine massive Erhöhung der finanziellen Mittel für einen umfassenden Herdenschutz gefordert. Falls diese nicht gesprochen würden, verlangt der Kanton eine restriktive Wiederansiedlungspolitik der Grossraubtiere sowie flexible Abschusskriterien für die nicht schützbaren Gebiete.
BAFU bemängelt Herdenschutz im Wallis
Bundesamt für Umwelt habe die jüngsten Risse des Wolfsmännchens M35 in Obergesteln von vergangener Woche analysiert und insbesondere geprüft, ob die betroffenen Schafe genügend geschützt waren, schreibt das BAFU in einer Mitteilung vom Freitagmittag. «Das BAFU ist zum Schluss gekommen, dass die Schafe im einen Fall auf einer nicht fachgerecht eingezäunten Weide und im anderen Fall über mehrere Tage beim freien Weidegang in einer nicht schützbaren Waldweide gerissen wurden», heisst es in der Begründung. Das Konzept Wolf des Bundes lasse in solchen Situationen keinen Abschuss eines Wolfes zu. Die Analyse des BAFU zeige zudem, dass die Kooperationsbereitschaft der Schafhalter im Goms wachse, dass aber deren Beratung durch die zuständigen kantonalen Stellen nicht genügte.
Das Konzept Wolf des Bundes erlaubt den Abschuss eines Schaden stiftenden Wolfes nur, wenn die Schafbesitzer in einer Region mit Wolfspräsenz die zumutbaren Präventionsmassnahmen ergriffen haben (zum Beispiel Einpferchen der Schafe in der Nacht mittels adäquaten Zaunsystemen, Einsatz von Herdenschutzhunden). Dazu braucht es eine gute Beratung der Betroffenen durch die Kantone.
Das BAFU stellt den Kantonen über die AGRIDEA, die zuständig ist für die nationale Koordination des Herdenschutzes, die nötigen Informationen zur Verfügung und unterstützt Massnahmen durch finanzielle Mittel. Der Herdenschutz ist gemäss dem Konzept Wolf des Bundes zentrale Voraussetzung, um in der Schweiz eine Schafhaltung mit Wolfspräsenz zu ermöglichen. In den meisten Kantonen, in denen sich Wölfe aufhalten, wurden die nötigen Massnahmen ergriffen und die Schäden an Nutztieren minimiert.
Im Kanton Wallis zeigten sich Mängel in der Beratung und Umsetzung des Herdenschutzes. Das BAFU werde in diesem Bereich – auch im Hinblick auf die Sömmerungssaison – zusammen mit den Beteiligten Verbesserungsmöglichkeiten suchen.
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